Dienstag, 28. April 2009

Luxus

Wir sind für 4 Tage in Tel Aviv. Was für eine andere Welt! Jetzt weiß ich, wie anders man sich in seinem Körper fühlt, wenn man eine Badewane hat, Cappucino und braunes Brot kaufen kann soviel man will und wo und wann man will, ein weiches Bett und warmes Wasser hat.
Wir haben Alon Piltz, den Besitzer einer der größten Malls in Tel Aviv getroffen. Wir werden ihm eine Idee für ein Projekt mit der Mall unterbreiten und wenn alles gut geht, dann ist das mein Projekt zwischen dem 08.05. und dem 05.06. Wie wir wohl unser Wissen, was wir in Jalqamus gewonnen haben, auf diese neue Umgebung übertragen werden? Community building ist in jedem Fall auch in der Mall ein Thema.
Eben habe ich das Goehte Institut besucht und nach einem Summer Job gefragt. Leider wird das mit der Arbeitserlaubnis problematisch und außerdem ist es nicht gut genug bezahlt. Hm, muss ich wohl doch was in Europa finden.
Morgen geht´s zurück nach Jalqamus, zu Samar, Achmed, Amir, Lara und all den anderen Leuten, die ich dort ins Herz geschlossen habe. Wie schön!

Samstag, 25. April 2009

Mensch

Mensch, heute war ich bei einer Familie, Tee trinken, deren einer Sohn wurde von den Israelis erschossen und der andere sitzt im Gefängnis und die Mutter darf ihn alle 30 Tage für eine halbe Stunde besuchen. Sie darf ihm Kleidung bringen, aber kein Essen. Sie lächelt und sagt, dass sie ihren toten Sohn im Paradies wiedersieht.
Die Atmosphäre im ganzen Haus lässt merken, dass Trauer herrscht, Schwere. Huh. Und dann die Frage, was ich von Gaza denke und warum ich hier bin. Was für ein Projekt wir machen.
Tief durchatmen und ich auf meinen Bauch verlassen.
Der Vater war Imam, jetzt ist er pensioniert. Während wir über Israel und Palestina geredet haben, habe ich gefragt, ob sie Israel je vergeben könnten. Die Frau kannte das Wort nicht, auf Englisch, also habe ich es erklärt. Als sie es verstanden hatte war die Antwort Nein.
Zuhören, nur zuhören, mehr ist zu diesem Zeitpunkt nicht hilfreich. Schon allein der Gedanke daran, sich mit den Israelis anders zu beschäftigen als mit Hass ist abstoßend, da ist keine Offenheit für.
Ich kann diesen Menschen ihre Trauer nicht abnehmen, es ist ihre, es ist nicht meine. Mitgefühl haben ohne selbst zu leiden, das ist wichtig für die eigene Gesundheit.
Nach diesem Abtauchen habe ich gefragt, was ihre Lieblingsspeisen sind, ob sie gerne kochen (die Frauen) und was für Musik sie hören. Die jüngste Tochter hört gerne arabische Musik und die andere islamische. Die will sie mir beim nächsten Mal zeigen. Ich bin zum Essen eingeladen. Meine Musik soll ich nicht mitbringen, denn sie trauern, da ist Musik nicht erwünscht.
Auf dem Weg nach Hause habe ich tief die dunkle, schwere Nachtluft geatmet, die Grillen und die Ruhe gehört und die Geröllsteine unter meinen Füßen gespürt. Wieder zu Hause habe ich fröhliche Musik gehört und getanzt. Es ist nicht meine Trauer und nicht meine Verbitterung.

Donnerstag, 23. April 2009

Hier sein


Was wir wohl hier bringen können? Was diese Menschen brauchen, was wir ihnen geben können und wollen?
Die Frauengruppe hat nach Geld gefragt, das wir in eine Hühnerfarm von ihnen investieren sollten. Nein, das ist nicht unser Plan. Erstens haben wir das Geld nicht und zweitens ist das nicht besonders nachhaltig, wenn man den Prozess mit in Betracht zieht, der zu einem solchen Projekt führt. Wenn Enthusiasmus und Initiative von den Bürgern Jalqamus´ kommen, dann ist es sehr viel wahrscheinlicher, dass ihre Bemühungen Früchte tragen, als wenn sie auf äußere Hilfe angewiesen bleiben. Dennoch: in einem Land, dessen Wirtschaft am Boden liegt, sind die ersten Schritte die schwersten. Wieviel Unterstützung brauchen sie von außen? Wie kann man sicherstellen, dass diese plötzliche Ressourcenzufuhr nicht verpufft, weil sie noch nicht von anderen Marktteilnehmern untersützt und in Balance gehalten wird? Wie entwickelt sich ein Land, und dann die größte Frage: in welche Richtung möchte es sich entwickeln?
Das sind interessante Fragen, aber es sind keine KaosPilots Fragen für den momentanen Augenblick. Selbst wenn wir Antworten hätten, so wären sie außerhalb unseres Projekts.
Nach 10 Tagen hier beginnen wir zu verstehen, wie die Welt hier tickt. Ein ganz kleines bißchen. Und nun fragen wir uns, was es ist, was wir hier einbringen können, was hilfreich ist. Die Leute direkt zu fragen hat keinen Sinn, denn sie sind es gewohnt, auf diese Frage mit irgendwelchen Projekten zu antworten, die Geld kosten, und die dann von der Außenwelt bezahlt werden, so unsere Erfahrung. So langsam begreifen sie, dass das mit uns anders ist, was erstmal Frustrationen hervorruft, aber was, inshaallah, letzten Endes dazu führt, dass das Ergebnis um so besser ist, weil wir alle in einem Boot sitzen. Wir werden sehen, wir bleiben ja noch bis zum 8. Mai hier.
Für mich ist es in jedem Fall gut, hier zu sein. Ich mag die Menschen. Mein Team und Achmets Familie, mit all den Kindern und Onkeln und Tanten. Ich mag die Grillen und ich mag den Sternenhimmel, ich mag die Abende im kalten Haus, ich mag nicht die Mücken! aber ich mag mit 4 Leuten auf Matrazen in einem Zimmer schlafen und ich mag für alle kochen. Ich mag nicht meine Wäsche mit der Hand waschen, aber ich mag draußen sitzen und in der Sonne frühstücken, ich mag Tee und Kaffee trinken, ich mag mich mit einem Eimer kaltem Wasser duschen und ich mag meinen neuen Haarschnitt. Foto, bitteschön.

Frauen

Die Wirklichkeit hat sich verändert. Heute habe ich einen Blick davon erhascht, was es bedeutet, hier eine Frau zu sein. Einen positiven Blick. Ich war mit Fatme und Aische auf dem Feld, wir haben Bohnen verzogen. Die kleinsten Sprösslinge ausreißen, die 2 größten stehen lassen. Gebückt vorwärts schreiten, ein ganzes Feld abgehen, Reihe für Reihe. Barfuß über die trockene Erde, auf der Plastikplane unter der die Pflanzen hervorlugen läuft es sich sanfter. Abends 6 Uhr: die Sonne geht unter. Grillen singen. Olivenbäume raunen. Die Berge sind mit Dunst bedeckt, Frieden.
Auf dem Heimweg treffen wir 2 Frauen, die zur Familie gehören, sie zeigen mir ihr Gewächshaus mit Tomaten. Das sind die besten Tomaten, die ich je gegessen habe, saftig, süß, leicht warm von der feuchten Hitze des Treibhauses. Fülle und Reichtum.
Die Stunde auf dem Feld hat mir Ruhe gebracht und Stolz, etwas geleistet zu haben. Wenn ich mir vorstelle, ich hätte hier eine Familie und ich würde auf dem Feld dafür arbeiten, dass sie etwas zu essen haben, dann würde ich mir sehr wichtig vorkommen. Die häufigste Antwort der Frauen hier auf die Frage “Was machst du gerne?” ist “meine Kinder erziehen, meine Familie versorgen”. So eine Verbindung zur Erde, zum eigenen Land zu haben, das ist etwas Besonderes.

Samstag, 18. April 2009

Are we tourists? Are we participants? Who are we and who can we be?

Inga und Bert im berühmten Internet Cafe

I had to go all the way to Palestine to find the sunglasses I want!

Ein visueller Eindruck aus der Tür des Internet Cafe´s heraus

Aus dem Internet Café in einem kleinen palestinensischen Dorf

Heute war unser freier Tag, der wortwörtliche Freitag. Der erste, seit wir in Jalqamus sind und das sind wir nun bereits seit 5 Tagen. Das Dorf hat uns herzlich aufgenommen, wir sind jeden Tag bei einer der 4 großen Familien hier zu Besuch. Zunächst hat uns der Bürgermeister begrüßt, am nächsten Tag der Vorsteher des Distrikts Jenin, dann der Bürgermeister von Jenin.
Das Dorf besteht aus 2000 Personen, die zu einer der 4 Familien gehören. Oma, Opa, Tanten, Onkel, Eltern und Geschwister, alle unter einem Dach. Oder nebenan. In unserem Fall sind wir meistens bei der Großmutter, wo sich alles sammelt, sozusagen der Knotenpunkt des Familienlebens. Ich fage mich was passiert, wenn sie stirbt, was Gott verhindern möge.
Gott und Allah: Heute hat der Muezzin besonders laut von den 2 Moscheen des Dorfes gerufen, Allahu akbar! Gott ist groß! Einer der wenigen Ausdrücke, die ich verstehe, all das Arabisch um mich herum ist wunderbar, ich liebe neue Sprachen. Die Leute hier sprechen fast alle kein Englisch, nur der Gruß “How are you?” wird jedes Mal mit “fine, thanks” beantwortet. Darauf muss sich die Unterhaltung dann notgedrungen beschränken, es sei denn, man hat es mit Kindern zu tun, von denen es hier viele gibt. Da geht Kommunikation noch gut über Mimik, Körper und Spiel, Dank dem, der den Fußball erfunden hat! Und das Lachen, das ist der Schlüssel zu aller guter Stimmung. Wir bringen viel gute Stimmung, strengen uns auch fleißig an, die Interaktion trotz Sprachbarrieren aufrecht zu erhalten. Das wichtigste Grundvokabular: ibn, bint, ammha, anti, ana, ismuk. Sohn, Tochter, Mutter, du, ich, Name. Damit und mit 10 Fingern kommt man schon ganz schön weit. Obwohl die oft nicht reichen, für den Kindersegen. Dass ich mit meinen 26 Jahren nicht verheiratet bin und Kinder habe ist nicht gerade die Norm hier. Auch nicht, dass ich ohne Kopftuch rumlaufe, aber das ist ok, wie mir versichert wurde. Die Leute hier scheinen sich darüber bewusst zu sein, dass wir im Westen Probleme mit der Kopftuchfrage haben und auch dem hiesigen Verhältnis von Männern und Frauen nicht gerade befürwortend gegenüber stehen, jedenfalls fügen sie auf die Frage, warum sie ein Kopftuch fragen, fast entschuldigend hinzu: mein Gott will das so. Wobei das entschuldigende Element nicht so sehr in der Antwort, sondern mehr in den Gesten, der Mimik und der Stimmlage zum Ausdruck kommt. Wie denn bei uns Menschen heiraten? Dass man zuerst einmal gemeinsam lebt ist natürlich unvorstellbar. Aber es ist ok, dass wir das so machen, sagen sie, sie machen es auf ihre Weise. Jedem das Seine.
Bis gestern habe ich mich trotz all der Herzlichkeit ein wenig unsicher gefühlt, man vergesse nicht, das hier ist ein Land im Krieg, das außerdem intern 2 große Parteien hat, die gegeneinander kämpfen. Aber die Nachmittage mit Tee trinken bei Achmeds Familie zerstreuen solche Gedanken immer wieder schnell. Auch dass mein Team bei mir ist gibt mir viel Sicherheit. Alleine würde ich mich angespannter fühlen.
Ein weiterer Vorteil das Team Daseins ist, dass man sich für die Besuche aufteilen kann. Es ist sehr, sehr wichtig, die guten Beziehungen zu wahren und dazu muss man viele Besuche abstatten. Viel Tee und Kaffee trinken und immer freundlich sein und gute Laune verbreiten. Da ist es gut, wenn man sich zwischendurch mal eine Pause gönnen kann, in der jemand anderes die Konversation übernimmt.
Was unsere Arbeit hier angeht: sie schreitet voran. Wir haben 2 Treffen jeweils mit der Frauengruppe und mit der Jugendgruppe abgehalten und ein Einführungstreffen mit den Männern. Sie treffen sich morgen das erste Mal. Ich als Frau leite natürlich die Frauengruppe, zusammen mit den anderen 4 Mädchen aus meinem Team. Die ersten beiden Treffen waren sehr gut, es ging vor allem darum sich kennen zu lernen und Vertrauen aufzubauen und die Bereitschaft, miteinander zu arbeiten. Was wieder mit viel Tee und Kaffe einherging. Wir treffen uns bei den Damen zu Hause. Die Hausaufgabe vom letzten Mal lautete: Stellt euch vor, es ist 2012 und in der Zeitung steht ein Artikel “Die Frauen von Jalkamus: ein Vorbild für alle Frauen der Welt”. Was habt ihr getan, wovon der Artikel berichtet? Ich bin gespannt. Sonntag treffen wir uns wieder. Wir haben 3 Treffen pro Woche.
Das Ziel ist es, mit ihnen gemeinsam ihre Wünsche zu erforschen und wie sie sie umsetzen können. Dabei wollen wir über das übliche “wir wollen einen Fußballplatz haben” hinausgehen und wirklich etwas aufbauen, was Zukunft haben kann, was langfristig etwas verbessert. Dabei ist wichtig, dass wir das Projekt nur starten, denn wir sind nur 4 Wochen hier, und dass die Frauen das Projekt selbst weiterführen. Damit das geschieht, muss es wirklich von ihnen kommen, es muss etwas sein, wovon sie sich wirklich vorstellen können, dass es einmal hier ist, sie müssen es wirklich wollen. Wir können ihnen also nicht irgendwelche Ideen von uns aufdrücken. Wir sehen unsere Aufgabe darin, den Prozess zu begleiten, dafür zu sorgen, dass gute Ideen ans Tageslicht kommen und so weiterverfolgt und geplant werden, dass sie tatsächlich Wirklichkeit werden und nicht nur Ideen bleiben. Die Ressourcen sollen dabei vor allem von den Dorfbewohnern kommen. Sie sind sehr fixiert auf Hilfe von außen und hier ist vieles von der UN und anderen Organisationen gesponsert, wir werden auch ständig nach Geld gefragt. Diese Erwartungshaltung abzubauen ist eine unserer Hürden, denn wir können kein Geld versprechen. Außerden geht es gegen unsere Vorstellung von nachhaltigem Aufbau, denn wenn für alles immer zuerst die Hilfe von außen da sein muss, bevor man beginnen kann, dann sind einem ziemlich die Hände gebunden und man legt sie in den Schoß, anstatt anzupacken. Das soll in unserem Projekt anders sein. Vielleicht bedeutet das, dass wir nur ganz kleine Schritte machen können, aber immerhin sind es selbstständige Schritte, komplett selbstständige. Das macht Mut und gibt Stolz.
Ich habe Schwierigkeiten mit der Frage, wieviel Geld von außen sinnvoll ist. Dieses Land hat wenig Geld, hat wenig Arbeit, hat einen “geringen Entwicklungsstand”, wenn man den materiallen Maßstab der westlichen Welt anlegt. Wie will es sich entwickeln? Wohin will es gehen? Worin will es dem Westen nacheifern und wo will es seine eigene Zukunft erschaffen, aus seiner Vergangeheit und mit neuen Vorstellungen für die Zukunft? Ich hoffe, diese Fragen können wir mit den Frauen erforschen. Ich bin wirklich neugierig.

Der Grund, warum in diesem Text keine Rede von der Besetzung durch Israel ist, ist dass wir keine politische Gruppe sind. Wir sind keine und wir wollen keine sein. Politik ist ein Faktor menschlichen Beisammenseins auf übergeordneter Ebene und insofern ist sie in alle Überlegungen einzubeziehen, aber sie ist nichts, womit wir uns primär beschäftigen. Wenn die Sprache darauf kommt, sind wir natürlich gegen die Besetzung, wer könnte schon dafür sein. Aber wir sind keine Aktivisten. Wir gehen davon aus, dass man aus jeder Situation das Beste machen kann, man hat immer irgendetwas wovon aus man starten kann.
Natürlich haben wir über das Thema geredet, mit Menschen hier (wir haben einen Übersetzer). Aus Jalqamus sind 3 Menschen getötet worden, von Israelis erschossen. Überall hängen Poster mit Männern mit Gewehren drauf (scary), die wurden geschossen, bevor sie in den Krieg zogen und wenn sie sterben, werden sie aufgehängt. In Jenin, wo wir heute waren, sind sie an jeder Ecke zu finden. Jede Familie hat irgendwen verloren. Das ist in Israel nicht anders. Wir haben die Frauen gefragt, ob sie den Israelis je vergeben können. Zuerst haben sie Nein gesagt, aber dann haben sie gesagt, dass sie es der Zukunft ihrer Kinder zuliebe doch könnten.
Was sonderbar ist, ist dass ich den Hass, der in den Menschen wohnen muss, nicht fühle. In Israel war das anders, da habe ich gefühlt, wie es unterschwellig kocht, zumindest bei Ruti, unserer Kontaktperson von Windows – Channels for Communication, mit denen wir zusammen arbeiten. Hier erkenne ich den Hass nicht, oder war noch in keiner Situation, wo er wirklich hochgekocht ist. Denn wenn man mit dieser Wahrheit jeden Tag lebt, dann ist man nicht ständig auf 180, auch wenn man tief im Herzen um so mehr verbittert ist. Ich will mich auch gar nicht zu tief in diese Bitterkeint einfühlen, denn dann würde auch ich anfangen zu leiden und da hat keiner was von. Ich denke es ist besser für alle, wenn ich hier eine gute Stimmung verbreite und keinen weiteren Hass schüre, weil ich selber hasse. Vielleicht beschützen sie uns sogar davor, indem sie das Thema nicht ständig anscheiden. Es ist ein Fakt, mit dem man lebt. Unglaublich, wenn man näher drüber nachdenkt.
Puh, das ist ein Thema, mit dem ich noch lange nicht fertig bin. Nur für heute. Gute Nacht.

Freitag, 10. April 2009

Reich

Im Garten von arabischen Israelis sitzen, wirklich gutes Essen essen, Apfeltabak in der Schischa rauchen und alle Zeit der Welt haben.
Mit Eden über Gruppen und ihre Dynamik sprechen.
Die Wohnung von Martin über skype sehen.
In einer Sushi Bar jemanden treffen, der einem sagt: "You made my day!"

Überblick: was wir tun und nicht tun

Wir befinden uns in Tel Aviv, die größte Blase des mittleren Ostens. Blase, weil man absolut nichts davon bemerkt, dass man sich eigentlich in einem Land im Dauerkrieg befindet. Wir haben unser Quartier im HUB aufgeschlagen, dank unserer Kontakte zum HUB Rotterdam, HUB Berlin und HUB London. Die DNA des HUBs ist ähnlich der unsrigen. Dieser Ort bietet sozialen Unternehmern zunächst einen Raum, in dem sie arbeiten können, mit den notwendigsten Büromaterialien, einem Studio und der besten Dachterrasse Tel Avivs. Aber das eigentlich Besondere des Ortes liegt in all den immateriallen Sachen, die er möglich macht. Auf Menschen mit ähnlichen Ideen und Inspirationen zu treffen, die Umgebung selbst mitgestalten zu können (immer wissend, dass dies die gesamte HUB Gemeinschaft betrifft), kurz eine Organisation zu schaffen, in die Individuen ihre eigenen Vorstellungen vom perfekten Arbeitsplatz einbringen und erschaffen. Was genau die Identität des HUB Tel Aviv ist, steht noch nicht fest. Seine Mitglieder (10 Stück) suchen noch danach. Er ist auch gerade mal 6 Monate alt.
In dieser inspirirenden Umgebung rennen nun also 13 KaosPiloten herum, erhalten Workshops von Anti-Krieg Aktivisten bis Zen-Meistern, planen ihr Community-building Projekt, werden selber immer mehr ein Team, erforschen ihre persönliche Verantwortung dafür und was es bedeutet, diese zu übernehmen, lieben den Kaffee und den Besitzer des Büdchens um die Ecke, hinterlassen deutliche Spuren ihrer Anwesenheit und Energie (im Guten wie im Schlechten) und zücken genauso schnell ihre Telefone um Kontakte herzustellen und Business zu machen wie die Israelis.
Aber nicht mehr lange! Denn am 12.04. fahren wir für 4 Wochen nach Jalqamus, ein Dorf mit 2000 Einwohnern im Westjordanland. Dort führen wir gemeinsam mit der Organisation "Windows-Channels for Communication" unser Community-building Projekt durch. Was ist eine Community? Was ist wichtig, um eine entstehen zu lassen? Unser Wunsch ist es, mit und von den Bewohnern Jalqamus´ zu lernen, was sie gerne dort aufbauen würden, was ihnen wichtig ist, wovon sie denken, dass es ihre Lebensqualität verbessern würde. Dieses wollen wir gemeinsam mit ihnen entstehen lassen. Unser Beitrag dazu besteht darin, das Ganze zu initiieren und Methoden und Wege einzubringen, die einem solchen Wachstumsprozess förderlich sind. Das kann von Sessions zu Projektplanung bis zu Dialogmodellen reichen. Am wichtigsten ist, dass wir uns gegenseitig vertrauen und ES TUN.
4 Wochen in einem Dorf ohne Nichts und Gar Nichts, gerade mal fließend Wasser. Aber ein Internet Café. Wie das wohl wird?
Gestern hatten wir unsere letzte "Greenzone" bevor wir fahren. Greenzones sind Zeiten, in denen wir ... reden. Es ist schwer zu sagen, was genau sie sind, aber sie bieten die Möglichkeit das zu sagen, was wichtig ist. Wir saßen alle im Garten von Tsila, unserer israelischen Coachin, mit Tee, Mücken, Kerzen und Aufregung. 2 Wutausbrüche. Tränen. Lachen. Dann haben wir unsere persönlichen Verantwortungen ausgepackt. Ich möchte dafür verantwortlich sein, dass wir "gemeinsam sind", ich möchte für unsere "soziale Interaktion" sorgen. Vielleicht heißt das, dass ich viel kochen werde, ich weiß noch nicht, wie genau ich das umsetzen werde. Es bleibt spannend!
2 freie Tage, bevor wir fahren. Es ist Pessach. Soad, eine der zwei Teammitglieder, mit denen ich zusammen wohne, ist gerade in der Küche und kocht Kaffee. Die Familie, bei der wir wohnen, ist sowas von gastfreundlich, wir dürfen auf gar keinen Fall unser Essen selber kaufen und an einem Abend hat die Mutter (sie ist Künstlerin) sogar unser gesamtes Team samt anderen interessierten Leuten eingeladen und für uns alle gekocht. Extrem lecker. Und ein extrem schöner Abend, mit anderen jungen Israelis, vielen Gesprächen und anschließendem Bar Besuch. Israel ist wirklich ein ganz normales Land. Mit allen seinen Besonderheiten.

Dienstag, 7. April 2009

KaosPilots Magazine

Wow, ich bin begeistert! Endlich ist sie da, die KaosPilots Zeitschrift: herunterladbar unter www.kaospilots.nl Dann einfach auf Magazine klicken. War die Arbeit wert! Jetzt wissen wir alle ein Stückchen besser, wer wir eigentlich sind.

Guten Abend, gute Nacht

..mit Rosen bedacht, mit Nelken besteckt, schlupf unter die Deck!

So fühle ich mich. Müde, aber zufrieden. Morgen müssen wir unseren Projektplan nach Rotterdam schicken und offiziell der Schule mitteilen, was wir vorhaben. Stress! Wir haben 3 Gruppen, die jeweils an einem Teil des Plans arbeiten. Morgen werden wir sehen, wie wir die Arbeiten zusammenbringen! Ich bin in der Gruppe für den Fließtext Plan, dessen Aufgabe ist es, Außenstehenden verständlich zu erklären, was wir tun werden. Warum wir es tun, was wir tun, was die Ziele sind, wie wir sie erreichen werden, was die erhofften Resultate sind, wer an was arbeitet und wie das Budget aussieht. Damit verbinden wir die Arbeiten der zwei anderen Gruppen, eine hat sich mit der U-theory beschäftigt und sich überlegt, wie wir sie als Lernprozess sowohl für uns als auch für die Leute in Jalkamus anwenden können, so dass die Qualität des Projekts steigt. Die andere Gruppe hat ein "Rad" gemalt, mit allen notwendigen Rollen für unser Projekt, also Aufgabenbereichen, die wir abdecken müssen. Jeder wählt seine Aufgabe.
Wir sind ja generell sehr dynamisch, insofern ist auch der Projektplan mit Sicherheit Abwandlungen unterworfen, wir wissen ja auch nicht genau, wie es in Jalkamus aussehen wird. Aber immerhin werden wir dann eine grobe Überischt haben. Die leute dort, die mit uns arbeiten werden, wollen ja auch wissen, auf was sie sich einlassen und wann sie wieviel Zeit dafür aufwenden sollen. Wir brauchen also einen Übersichtsplan mit lauter leeren Zeitslots, der so grob ist, dass wir den Inhalt einfülen können, sobald wir dort sind und wissen, was wirklich gebraucht wird. Passt schon.

Heute nahm ich wie gewohnt den Bus nach Hause (Ramat Hascharon, eine Satellitenstadt zu Tel Aviv), setzte mich auf einen freien Platz gegenüber einem alten Mann, der über und über mit weißer Farbe bedeckt war, offenbar ein Maler. Am Fenster saß ein bienenähnliches Fliegetier, ziemlich still, sah fast tot aus. Aus irgendeinem Grund fingen wir an, darüber zu reden, dabei fiel recht schnell auf, dass ich kein Hebräisch kann. Aber er konnte ein paar Sätze Deutsch. Und Englisch auch, wir haben uns dann ein wenig unterhalten. Darüber, dass es in Israel normal ist, sich in Bussen zu unterhalten. Er hat mir erzählt, dass er in Herzliya wohnt, nicht weit hinter Ramat Hascharon. Und dass in den nächsten Tagen nicht alle Geschäfte geschlossen sind, obwohl Pessach ist.
Sehr netter Mensch. Wir haben uns die Hand geschüttelt, zum Abschied.

Freitag, 3. April 2009

What we will do

We are now preparing for visiting and working in the OPT. As it looks for now we will be working on adressing unfulfilled potential within communities. Our target audience will be mainly women and children in Jalkamus.
We will be going to Jalkamus with our group of 14 people.

Donnerstag, 2. April 2009

Israel-eine Blase

Israel ist sowas von toll, ich liebe es. Wir sind seit knapp einer Woche in Tel Aviv, nachdem wir nur
recht wenig am Flughafen kontrolliert und durchgechekt wurden. Man wird immer gefragt, weswegen
man nach Israel einreisen will und da wir in der Gruppe gereist sind, mussten wir alle das gleiche
sagen. Das ist gar nicht so einfach. Wir haben uns darauf geeinigt, dass wir uns so kurz wie möglich
fassen. Da sie Pieter, unseren Teamleader, kennen und außerdem die 3 Mädchen, die im Pre-Outpost
dabei waren, haben sie uns schnell durchgelassen. Nur Soe, weil sie Vorfahren aus Marokko hat
und arabisch aussieht, wurde länger aufgehalten und musste einige mehr Fragen beantworten.
Warum ihr Vater Mohammed heißt, zum Beispiel. Echt dumm. Sowas nennt man Diskriminierung.
Aber so sieht´s aus.
Dennoch liebe ich dieses Land schon jetzt. Die Leute sind so offen, gasfreundlich (wir wohnen bei einer Familie
und wir müssen unbedingt jeden Morgen hier frühstücken und am besten auch zu Abend essen
und wir dürfen nichts dafür bezahlen, sonst werden wir angeflaumt von einer ärgerlichen Mutter :-) )
und sie gehen aufrecht und fühlen sich ziemlich frei an. Was auch immer das heißt.
Jeder hat hier eine andere Meinung über "den Konflikt" und schon allein unser Dasei und dass wir in 2 Wochen ins Westjordanland in ein kleines Dorf fahren, schon allein der Fakt dass, macht uns zu einer politischen Gruppe. Israelis dürfen dort noch nichtmal hin reisen. Wir haben Europäische Pässe, darum ist es uns möglich.
Harsch.
Aber in Tel Aviv kriegt man nichts von dieser Realität mit, man lebt in einer Blase in der alles normal und perfekt ist. Ziemlich europäisch. Und leckeres Essen! Falafel, Yoghurt, es gibt noch so viel was ich probieren will. Und das Meer. Noch habe ich nicht gebadet, aber das kommt noch.
Lesen kann ich schon ein bißchen, sie schreiben auf Hebräisch ja nur die Konsonanten und die Vokale muss man sich denken. Was kein Problem ist, wenn man das Wort kennt, aber ich kenne dir Worte natürlich nicht, darum lese ich immer sowas wie: tl viv (das heißt dann Tel Aviv, manche Vokale werden doch geschrieben) oder bt (bait, das heißt Haus). Außerdem haben sie Druckschrift und Schreibschrift, die Zeichen sehen recht unterschiedlich aus, wie unsere ja auch. Bisher kann ich nur Druckschrift. Ich liebe es!
Ab Freitag Abend und Samstags fahren keine Busse und überhaupt ist alles zu. Schabbat. Sonntags geht´s weiter, das ist hier dann der erste Tag der Woche.
Wir haben einen Dokumentarfilm über eine Schule gesehen, in die jüdische und arabische Schüler gehen, die einzige Schule dieser Art, die es hier gibt und in der die Sichtweisen beider Seiten gelehrt werden. Das ist gar nicht so einfach! Wie sollen die Lehrer Geschichte präsentieren? Was sind Fakten? Dass die Israelis kamen und den Arabern das Land weggenommen haben? Dass die Israelis endlich, nach mehr als 1000 Jahren Verfolgung und dem Holocaust endlich einen Ort auf der Erde haben, wo sie sich sicher fühlen können und den sie deshalb bereit sind bis ans Ende zu verteidigen? Puh. Und das mit Kindern. Aber so ist die Realität. Nur ziehen die meisten Leute vor, sich ihr nicht zu stellen. Ist ja auch anstrengend sich mit solchen Fragen auseinander setzen zu müssen.
Gestern fängt mein Gastbruder (15 Jahre, Jude) an Holocaust Witze zu machen! "Kommen 3 Juden auf der Flucht an eine kleine Hütte im Wald, in Polen, und fragen, ob sie da die Nacht verbringen können. Sagt die Frau: Nein, so viel Platz hab ich nicht in meinem Ofen!" Bleibt einem da die Spucke weg? War aber lustig. Wir haben alle gelacht.
Noch sind die Temperaturen von 25 Grad angenehm, aber bald werden wir uns über jeden kühlen Tag freuen. Wir sind in einer Wüste! Auch das vergisst man, wenn aus dem Wasserhahn Trinkwasser läuft, soviel man will.

Today we worked further on our project plan, structuring our further work into "wheel" (Who das what when and why), "U-process" (what will be our learnings?) and "written text" (how do we make a coherent story out of these two, that will be understandable for outsiders?), we had a dialogue with Ragnar and why he does not want to go to the Westbank (very good dialogue, now I can respect his decision much more and don´t feel like leaving him behind, but am rather convinced that we will find ways to connect him to the project in Jakamush although he will stay in Tel Aviv), we talked about our visit of the Kindergarden yesterday (maybe some people will take this as their individual project) and we went through many emotions. We also had Chen over, from Combatants for peace. He did elements of Theater of the Opressed with us, learning about Power relations. He told us his story and why he stopped being an officer in the Israeli army and rather became a worker for peace, via the elements of art, politics and therapy. Theater of the Oppressed, developped by Augusto Boal.
Amazing day.