Freitag, 22. Mai 2009

Greenheart

Tel Aviv, Stadt der Arbeit und des schnellen Lebens! Wir entwerfen das Konzeppt für einen Laden mit nachhaltigen Produkten im Dizengof center, einer der größten shopping malls in Tel Aviv. Wir arbeiten zu dritt/viert daran, ein Mitglied macht nur ab und zu mit, weil sie noch ein bißchen krank ist. Es ist viel, viel Arbeit. Aber tolle Arbeit! Wann bekommt man schon mal die Möglichkeit, eine Mall zum Spielplatz zu bekommen, wo man machen kann, was man will, solange es sinnvoll für die Mall ist! Der Laden war unsere Idee, wir hätten auch etwas anderes machen können. Den Auftrag, den wir von dem Besitzer der Mall bekommen haben, war sehr breit gefasst. Irgendetwas, was im Bereich Nachhaltigkeit und Energiesparen liegt und was in irgendeinem Bezug wirtschaftlich sinnvoll für die Mall ist. Der Laden ist sinnvoll für die Umwelt und fürs Energiesparen, wir wollen dort Haushaltsprodukte verkaufen, die Energie und Wasser sparen. Außerdem einige Produkte, die einfach nett sind, z.B. Portemonais oder Taschen oder T-shirts. Das Verbindende zwischen ihnen ist, dass sie alle nachhaltig hergestellt sind oder dazu beitragen, mit ihnen für weniger Kohlenstoffausstoß zu sorgen. Der Laden soll anziehend für die Masse sein, für Leute, die sich in der shopping mall aufhalten, er muss also Produkte in "normaler" Preislage anbieten, angenehm aussehen und interessant sein. Was genau hinter diesen Worten steckt, das entwickeln wir gerade, z.B. soll das Innere in den Farben weiß, grün und Holz gestaltet werden. Wir haben 2 Business Modelle zur Auswahl, entweder vermieten wir Raum im Laden, für Unternehmer, die dort ihre Produkte anbieten wollen, und machen unser Geld mit der Miete, oder wir kaufen selber die Produkte und verkaufen sie mit Gewinn. Beides hat Vor- und Nachteile, ganz wichtig ist, dass wir eine einheitliche Linie erhalten. Wir wollen durch unseren Laden auch erreichen, dass Leute sich mit einem nachhaltigeren Leben identifizieren, dass sie sehen, dass es einfach ist, etwas zu tun, indem sie z.B. zum Wassersparenden Duschkopf greifen und überhaupt kürzer duschen. Wenigstens das erste. Über das zweite können sie im Laden Informationen erhalten, wenn sie wollen. Sie können auch Informationen darüber erhalten, wie sie ihr Haus so umbauen können, dass z.B. das Wasser der Waschmaschine aufgefangen und zum Garten bewässern benutzt werden kann. Wozu ein spezielles ökologisches Waschmittel nötig ist, oder Essig, aber die meisten Leute wollen lieber ein richtiges Produkt kaufen, nicht irgendwas selber machen. Wir haben die Produkte und wir haben die Connections, wenn sich jemand dafür interessieren sollte, entweder sein Haus zu renovieren oder z.B. für eine Party den "human generator" zu mieten, eine lustige Maschine, die Cocktails mixt und durch ein Fahrrad angetrieben wird.

Samstag, 16. Mai 2009

Holidays

Ich habe auf dem Wasser gelegen und bin nicht untergegangen, ich habe auf einer Tachterrasse geschlafen und dabei die Lichter der heiligen Stadt betrachtet, ich habe ein Feuer in der Wüste gemacht und die Stille der Nacht gespürt, ich habe Metall in Staub gesehen und andere es Kunst nennen hören, ich habe eine israelische Armeetruppe einen Berg hochklettern sehen und ich habe endlos viele Busse genommen. Ich hatte Ferien. Jetzt bin ich wieder in Tel Aviv.

Sonntag, 10. Mai 2009

the womens group

our house, our street, our neighbours



Beheb Jalqamus


Lara, Sidra and Ameer

Reflections in Kurzform

Ich bin den Leuten aus Jalqamus sehr dankbar, dass sie uns so freundlich aufgenommen haben. Ich frage mich, ob wir ihre Erwartungen erfüllt haben. Ob wir ihnen genug “gegeben” haben. Das ist wirklich eine kniffelige Frage, denn irgendwie ist es ja schon komisch, was wir machen: wir kommen plötzlich in ein Dorf und fragen: habt ihr Probleme? Können wir euch helfen? Und dann sagen die Leute, dass sie Geld brauchen und wir sagen “aber das kriegt ihr nicht von uns”. Ich frage mich wirklich, wie diese unsere Beziehung zu Jalqamus aussieht. Wer sind wir darin? Wer sind die Leute von Jalqamus? Was bedeutet das für unsere Beziehung und für unser, ganz besonders mein, commitment? Denn wenn ich schon komme und frage “Habt ihr Probleme?” bin ich dann nicht auch verpflichtet so lange zu bleiben, bis zumindest einige dieser Probleme gelöst sind? Es scheint mir nicht fair nach 4 Wochen einfach wieder weg zu gehen und zu sagen “danke, ich hatte eine wunderbare Zeit mit euch, war sehr schön, ich habe viel gelernt, auf Wiedersehen”.

Dieser Aufenthalt hat viele Fragen aufgeworfen und es dauert sicher noch ein bißchen, bis ich Antworten finde. Vielleicht starte ich das Tourismusprojekt. Eins, das die Balance hält zwischen Tourist sein und damit ungebunden und unabhängig von den lokalen Nöten, aber einen dennoch nicht zum “Zoobesucher” macht, der das Ganze nett und interessant findet aber sich dahinter zurückzieht, dass er ja für den Aufenthalt Geld bezahlt. Und, von der Seite der Jalqamuser aus betrachtet, ein Projekt das ihnen zwar Geld bringt, bei dem Geld jedoch nicht im Mittelpunkt steht, sondern eine echte Beziehung entstehen kann. Ein Projekt, bei dem Lernen und Beziehung und Geld und Commitment in guter Balance sind. Was dann aus dieser Beziehung entsteht, das ist eine spannende Frage.

Reflections

Ich bin gerade aus der Westbank zurückgekommen und sitze in meinem Zimmer in Tel Aviv. Bei der Familie wo ich vorher gewohnt habe, sie sind wirklich nett, ich kann bis zum Ende meines ganzen Projekts hier bleiben.
Ich hatte ein, nein, zwei gute Gespräche, eins mit der Mutter der Familie und eins mit Soad, meiner Teamkollegin, die hier mit mir wohnt. Das erste war über die Okkupation und das Geld, das Palestina über die Jahre an Entwicklungshilfe erhalten hat, das aber in dunklen Kanälen versickert ist. Kann man "den Palästinensern" dafür die Schuld geben? Kann man sagen "ihr hattet eure Chance und ihr habt sie nicht genutzt, nun beschwert euch gefälligst nicht, dass eure ökonomische Situation so schlecht ist"? Kann man sagen "ihr hattet die Chance eure eigenen Gasabbaugebiete zu finden und eure eigenen Brunnen zu bohren, nun sagt nicht, ihr wärt komplett und in allem von Israel abhängig"? Israel umrundet Palestina, alle Grenzen werden zum kleineren oder größeren Teil von Israel kontrolliert, alles was ein- und ausgefahren wird wird von Israel kontrolliert. Kein Wunder, dass die Leute in Palestina sagen, sie seien von Israel abhängig.
Die Mutter der israelischen Familie ist ein großer Menschenfreund und sie steht sehr auf der palästinensischen Seite. Trotzdem ärgert sie sich, dass es den Palästinensern nicht gelungen ist, sich so zu organisieren, dass sie das ganze Entwicklungshilfegeld sinnvoll nutzen konnten, anstatt dass es "verschwindet". Sie meint, die einzige sinnvolle Lösung ist, dass Investoren aus dem Ausland eine Fabrik bauen und die Leute vor Ort zu fairen Löhnen für sich arbeiten lassen. Und dass jemand aus dem eigenen Land, ein Araber, denn nur der hat genug Glaubwürdigkeit, seinen Leuten sagt: Wacht auf und lasst euch von dieser blöden Okkupation nicht unterkriegen! Baut euer Land trotzdem auf, zur Hölle mit den Israelis, ihr seid kluge Leute und ihr findet Mittel und Wege um drumherum zu arbeiten!" Die Frage nach Okkupation und Gewalt oder keine Gewalt stellt sich dann gar nicht. Friede wird sich als Resultat so oder so einstellen, wenn man sich so verhält, als sei er schon da.

Das zweite Gespräch war mit Soad. Wir sprachen über commitment. Schwierig ein deutsches Wort dafür zu finden, sowas wie "dauerhaft Verantwortung übernehmen, sich einer Sache verschreiben, Verbindlichkeit". Haben wir, die wir hier waren und mit den Menschen in Jalqamus gelebt und gearbeitet haben, haben wir die Pflicht, weiter mit ihnen zu leben und zu arbeiten? Es ist sonnenklar, dass wir in der Zeit, die wir da waren, nicht besonders viel gegeben haben. Jedenfalls habe ich nicht das Gefühl, dass wir das getan haben, dass ich das getan habe. Vielleicht war es auch nicht möglich, wir waren nur einen Monat hier. Aber verpflichtet uns dieser eine Monat dazu, länger zu bleiben? Wenn wir nicht länger bleiben oder von außerhalb weiter an unsere Freunde in Palestina denken: heißt das, dass wir dort einfach nur zu unserem eigenen Vergnügen und Lernen waren? Heißt es, dass wir die Leute dort betrogen und ausgenutzt haben? Betrügen geht mit Versprechen einher: was haben wir versprochen? Wir haben versprochen, einen Monat lang mit den Leuten vor Ort an ihren Wünschen und Bedürfnissen zu arbeiten. Diese Bedürfnisse waren zu groß für ein einmonatiges Projekt, sie lauteten "Jobs, Geld, Ende der Okkupation". Wir KaosPiloten haben dann mit dem gearbeitet, was uns möglich erschien: da sein, einfache Dinge des Lebens erfragen und an diesen "Projekten" arbeiten, wie z.B. einen Jugendclub gründen oder einen Plan für ein Tomatengewächshaus erstellen. Das Geld für die Erstinvestition fehlt, aber immerhin besteht der Plan. Haben wir mit diesen Dingen den Leuten in Jalqamus etwas gegeben? Etwas, was für sie genauso groß ist wie das, was sie uns gegeben haben? Nämlich eine riesengroße Lernerfahrung, einen Schatz, indem sie uns in ihr Leben gelassen haben. Wie können wir diesen Schatz mit Respekt behandeln? Ist es respektvoll, einfach danke zu sagen und zu gehen? Sind wir verpflichtet, länger zu bleiben? Ist es fair, diesen Schatz mit Geld aufwiegen zu wollen und was würde dadurch zerstört und was gewonnen? Wie kann Entwicklungshilfegeld sinnvoll eingesetzt werden?

Bin ich verpflichtet länger zu bleiben? Wenn ich länger bleibe oder mich anders mit Palestina beschäftige, dann will ich das nicht von einem Ausgangspunkt der Schuld tun. Das ist kein guter Nährboden, für nichts. Ich möchte von einem Nährboden des Enthusiasmus arbeiten.
Ich habe den Gedanken, Tourismus aufzubauen. Tourismus, der das oben angesprochene Gleichgewicht hält, zwischen Geben und Nehmen. Ein Tourismus, der auf Freundschaft und echter Beziehung beruht, und der dennoch klare Grenzen zieht bis zu welchem Grad man sich verpflichtet. Ist das möglich?
Ich möchte ein Tourismusprojekt aufbauen, das gleichzeitig ein Forschungsprojekt ist, auf mehreren Ebene: ich will die Fragen erforschen "Was ist Geld? Was ist Wert?" und "Wie funktionieren Beziehungen so, dass man sich nicht gegenseitig ausnutzt, aber trotzdem einen festen Rahmen hat darüber, was man erwarten kann? Wie kann eine Beziehung lebendig bleiben, wenn sie von vorne herein auf kurze Dauer angelegt ist? Aber dennoch die Möglichkeit hat, länger zu dauern? Aber diese Erwartung nicht die Grundlage der Beziehung sein kann?"
Wenn ich eine Gruppe finde, die diese Fragen erforschen will und die nach Jalqamus fahren will und die dort mit den Menschen leben und arbeiten will und die Geld hat das selber zu bezahlen (oder Mittel findet um das zu bezahlen): vielleicht würde ich das als mein finales Projekt bei den KaosPiloten in Betracht ziehen. Meine Abschlussarbeit. Ich habe ein Jahr Zeit dafür.
Da steht auch noch die Frage des Ausgleichs zwischen Freiwilligenarbeit und Geld geben. Freiwillige arbeiten für umsonst, oft für Kost und Logis. Dennoch ist es oft Geld, das vor Ort benötigt wird. Darum hatte ich den Gedanken des Tourismus, da ist es akzeptiert und ok, dass der Tourist Geld zahlt für eine Leistung, die er bekommt, nämlich eine schöne Erfahrung. Value-exchange, Wert-Austausch und Beziehung: wie geht das einher?
Hm, wie wäre es, wenn eine Gruppe Freiwilliger ein Blankobudget auftreibt und dann mit diesem Budget ein Projekt gemeinsam mit den Bewohnern von Jalqamus entwickelt?

Ideen und Gedanken. Fragen über Fragen. Ich frage mich, wo in dieser Welt für mich der Ort ist, an dem ich dienen kann, ohne mich aufzuopfern. Und was es braucht, damit ich es an diesem Ort auch aushalte, was die Einstellungen und Einsichten sind, die ich brauche, um meine Energie beisammen zu halten. Nicht nur beisammen zu halten, sondern die Sache zu finden, an der zu arbeiten mir Energie gibt.
Lalala, eigentlich ist es ganz einfach, wenn es nicht so schwer wäre!

Arnas children

http://video.google.com/videoplay?docid=9004838847737803917

Ein Film vom Freedom theater of Jenin, das wir besucht haben.

Freitag, 8. Mai 2009

Committment?!

Beheb Jalqamus. Jalqamus jemil. Beheb chai bedun sucar. Bidi a naum. Ana la urd, la achi. Anti immha siti binti? Thalathi ibn? Losra kabira.
Das ist mehr oder weniger die Standard Konversation, die ich in den letzten 4 Wochen mit den Dorfbewohnern gepflegt habe. Bedeutet: Ich mag Jalqamus. Jalqamus schön. Ich mag Tee ohne Zucker. Ich will schlafen gehen. Ich nein Schwester, nein Bruder. Du Mutter sechs Tochter? Drei Sohn? Große Familie.
Inzwischen weiß ich, warum ich meistens bei der gleichen Familie bin: weil da jemand ist, der Englisch spricht. Die Al Haq Familie hat uns alle mehr oder weniger adoptiert, wir müssen möglichst jeden Abend kommen und Tee und Kaffee trinken, mit oder ohne Zucker. Jeden Freitag sind wir zum Essen eingeladen und die Frauen kochen wirklich gut.

Inwieweit ich unser Projekt hier als Erfolg betrachten will weiß ich wirklich nicht zu sagen. Wir haben uns regelmäßig mit der Frauengruppe getroffen, eine Jugendgruppe etabliert und die Männergruppe hat aufgehört zu existieren nachdem sie begriffen haben, dass wir ihnen kein Geld geben können. Es war schwer, diesen Gedanken aus den Köpfen der Leute zu vertreiben: “wir brauchen Geld aus dem Ausland, sonst können wir hier gar nichts machen. Und wenn wir doch etwas beginnen, dann kommen die Israelis am nächsten Tag und zerstören es.”Auf dieser Grundlage lässt sich nicht arbeiten, denn wir haben weder Geld, noch können wir die Israelis davon abhalten mit Jeeps über frischgesäte Felder zu fahren. Was sie inzwischen nich mehr tun, das war die Militärpolitik von vor 10 Jahren. Jetzt fliegen Kampfjets so tief über das Dorf, dass alle Kinder schnell zu ihrer Mutter rennen. Da kann man wirklich nur den Kopf schütteln.
Jedenfalls: nach 2 Wochen hatten unsere Frauen verstanden, dass wir nicht vorhaben mit ihnen ein Projekt zu entwickeln, um dann Investoren dafür zu suchen. Wir haben statt dessen mit ihnen einen Plan für eine Hühnerfarm, Tomatentreibhaus und “project of sheep” zu Papier gebracht. Ich sage “zu Papier gebracht” und nicht “entwickelt”, weil das Dinge sind, die die Frauen schon vorher bereits einmal durchgeführt haben. Unsere Absicht war, ihnen Wege zu zeigen, dieses Wissen aufzuzeichnen und beim nächsten Mal den gleichen Weg zu nutzen, um ein anderes Projekt zu starten. Inshaallah. Wir werden ihnen die Fragebögen geben, die wir mit ihnen ausgefüllt haben, so dass sie sie beliebig mit anderem Inhalt füllen können. Ich bezweifle arg, dass sie das tun und ich denke nicht, dass dies der Erfolg unseres Projektes ist. Wenn es überhaupt einen hat, dann einfach den, dass wir hier waren. Vielleicht haben wir manchen Leuten Hoffnung gebracht, wir haben ihnen Aufmerksamkeit geschenkt, in gewisser Weise haben wir ihnen zugehört, wenn auch nicht so sehr ihren Worten, da war die Sprachbarriere dazwischen. Wir haben ihnen definitiv Abwechslung gebracht. Vielleicht haben wir den Englisch Level der Kinder geboostet, mit Sicherheit ihre Motivation Englisch zu lernen. Vielleicht erinnert sich irgendwann jemand an das, was wir wieder und wieder gesagt haben: wir sind hier, um mit euch zusammen etwas zu entwickeln, was für euch hilfreich ist, etwas, was ihr hier in Jalqamus haben wollt. Wir sind nicht hier, um euch dafür Geld zu geben, denn wir glauben, dass ihr hier selbst genug Ressourcen habt, um anzufangen. Ihr müsst nicht warten, dass jemand kommt und euch Geld gibt, ihr könnt selber beginnen.
Ich frage mich ernsthaft, ob das stimmt. Wieviele Ressourcen brauchen sie, um etwas zu starten? Wie klein kann man beginnen und wie groß muss die Motivation dafür sein? Was ist es, was sich die Leute hier wirklich wünschen? Frieden, das ist sicher. Und dann? Wie wollen sie, dass ihr Leben aussieht? Es hat nicht funktioniert, Träume in diese Richtung anzuregen. Oder vielleicht doch, von einer Hühnerfarm oder von Schafen zu träumen ist immerhin etwas.
Irgendwie ist es doch überall auf der Welt das gleiche. Man denkt, es geht einem schlecht (denn ja, die Leute hier beschweren sich darüber, dass sie arm sind und dass ihr Land okuppiert ist), aber den Sprung zu machen und erstmal zu überlegen, wo man denn hin will und sich dann zu überlegen, wie man dahin kommt, das ist ganz schön schwer. Und wenn man ganz bis zum Ende denkt, dann geht es einem oft gar nicht so schlecht, wie man am Anfang dachte, vielleicht einfach nur, weil man bewusster weiß, wo man steht und wohin man will.
Ein Projekt, das wir uns ausgedacht haben und für das wir viel Unterstützung erhalten, ist das Kochbuch. Wir machen ein Kochbuch mit Rezepten aus Jalqamus. Und Fotos von den fertigen Speisen, darum werden wir nun jeden Tag zum Essen eingeladen! Schade, dass wir die Idee nicht eher hatten, jetzt sind nur noch 2 Tage übrig. Wir kommen im Juni noch einmal für 4 Tage, die müssen wir also gut planen! Es könnte ein richtig gutes Buch werden. Im Juni wollen wir Prototyp 1.0 fertig haben.
Es klingt vielleicht resigniert, aber die Resignation liegt ganz auf meiner Seite. Wenn ich meine Ambitionen einfach mal beiseite lasse, dann habe ich hier wirklich eine tolle Zeit gehabt. Viele Leute getroffen, mit ihnen aufs Feld gegangen, in einem Monstertruck Gas ausgeliefert, Mädchen- und Jungenschulen besucht, Lieder vorgesungen bekommen, Spiegeleier zum Frühstück und Harira Suppe zum Ebendessen gekocht, mit meinen lieben Teamkollegen 24/7 das Leben geteilt, 6 Stunden vor einem geschlossenen Checkpoint gewartet, nur um dann entnervt zum nächsten, 50 km weit weg, zu fahren und problemlos durchgelassen zu werden, ein paar Brocken Arabisch gelernt, Olivenbäume und Mandelbäume erkennen gelernt, die frischsten und leckersten Tomaten der Welt gegessen, Enttäuschungen der Jalqamuser hinnehmen gelernt, wenn wir einer Einladung nicht folgen konnten, den Rekord im Mücken totschlagen gebrochen, einem Konzert mit arabischer Musik, performt von Holländern, Palestinensern und Israelis neben der Mauer gelauscht, die atemberaubende Schönheit dieser Felsen und Felder aufgenommen, den Frieden und die Stille in der warmen Nacht gespürt, laut über Pictionairy mit Achmed und Esme gelacht, mit 18 Frauen und 6 Kindern Fotos von Jalqamus und Tel Aviv angeschaut, mit eindeutiger Präferenz für die Jalqamus Bilder, Filmabende vor dem Beamer verbracht, mich über inkompetente Übersetzer geärgert und eine dicke fette Spinne aus meinem Rucksack krabbeln sehen.
Wann komme ich wieder her, und wen bringe ich mit?